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Flaumfeder #3: Von der Form zum Inhalt?

Bethany • Nov. 08, 2019
Im Blogpost „Flaumfeder #1“ ging es um die Frage: „Was heißt es, gemeinsam Kirche zu sein?“ 

Blogpost „Flaumfeder #2“ widmete sich der Frage: „Was bedeutet es heute, getauft zu sein?“ 

Eigentlich sollte „Flaumfeder #3“ sich mit der nächsten Frage aus der Themensammlung des synodalen Forums „Priesterliche Lebensform“ befassen.

Doch inzwischen haben die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) am 25.9.2019 und der Hauptausschuß des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) am 18.10.2019 die Satzung des Synodalen Weges angenommen und veröffentlicht.

Da bisher nichts auf mögliche entscheidende Änderungen durch die Vollversammlung des ZdK am 22.11.2019 hindeutet, lohnt es, den Satzungsentwurf schon jetzt etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Die Präambel schlägt einen hohen Ton an: „Die Katholische Kirche in Deutschland macht sich auf einen Weg der Umkehr und der Erneuerung… In den Mittelpunkt stellen wir die Frage nach Gott und dem Weg, den er heute mit den Menschen gehen will. Wir sehen, daß es für viele Menschen die Kirche selbst ist, die das Bild Gottes verdunkelt. Wir setzen auf die Kraft des Heiligen Geistes, die Kirche zu erneuern, so daß sie Jesus Christus als Licht der Welt glaubwürdig bezeugen kann.

Zeige mir, HERR, deine Wege, / lehre mich deine Pfade!
Führe mich in deiner Treue und lehre mich;
denn Du bist der Gott meines Heiles./
Auf dich hoffe ich den ganzen Tag.
(Psalm 25, 4-5)“


Welchen Weg soll der Herr zeigen?

Der Synodale Weg sucht laut Satzung zwei Jahre lang nach Wegweisung in folgenden Themen- und Handlungsfeldern:

•    Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag
•    Priesterliche Existenz heute
•    Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche
•    Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft

Diese Themen hat der Synodale Weg als maßgebliche Ursachen der aktuellen Kirchenkrise identifiziert. Ob das tatsächlich die Fragen sind, die Menschen heute um- und aus der Kirche hinaustreiben, sei dahingestellt. Hier soll es um eine sprachliche Nuance gehen. Aus der „Priesterlichen Lebensform“ des Beschlusses der Bischofskonferenz vom 13./14.9.2019 ist in der Satzung die „Priesterliche Existenz heute“ geworden.

Von der Form zum Inhalt – eine Chance?

Die Wechselwirkung zwischen Form – Inhalt – Sprache ist seit alters her Gegenstand philosophischer, theologischer und kunstwissenschaftlicher Auseinandersetzungen. Zweifellos „ein weites Feld“, auf dem man sich leicht verlaufen kann...

Im Fall des Synodalen Weges könnte die Auseinandersetzung jedoch durchaus konkrete und überraschende Perspektiven eröffnen. Es lohnt also, die Spannung zwischen der ursprünglichen Formulierung „Priesterliche Lebensform“ und dem aktuellen Label „Priesterliche Existenz heute“ genauer zu beleuchten.

„Priesterliche Lebensform“: drängt sich da nicht sogleich das Thema „Zölibat“ auf? DAS Thema, das Reflexe bedient und häufig ein enges Kampffeld absteckt.

„Priesterliche Existenz heute“ weitet möglicherweise den Blick: priesterliche Armut, priesterliche Keuschheit, priesterlicher Gehorsam können wieder oder neu entdeckt werden. Das klingt verheißungsvoll und läßt fruchtbarere Diskussionen erwarten.

Gemäß dem Ansatz der „Flaumfeder“-Reihe soll zu diesen Themen Claret de la Touche als „Synodale“ zu Wort kommen. Denn genau mit diesen hot topics befaßt sie sich in ihrem Büchlein „Herz Jesu und Priestertum“.

Priesterliche Armut

„Der Priester muß alles verlassen, insofern sein Herz an nichts Irdischem mehr hängen soll, wenn er auch nicht verpflichtet ist, alles in Wirklichkeit wegzugeben. Das will nicht heißen, daß er die heiligen Bande der Familie und der Freundschaft zerreißen soll. O nein! Hat denn Jesus die seligste Jungfrau, seine Mutter, deshalb weniger geliebt, weil er sich ganz den Seelen gewidmet hat? Waren ihm nicht Martha und Maria und deren Bruder Lazarus besonders lieb und teuer? Ließ er nicht den vielgeliebten Johannes an seinem Herzen ruhen? Diese trauten Bande, die Jesus segnet, sind nicht von der Erde.
Womit der Priester brechen soll, das sind jene nur menschlichen Bande, die den Eifer seiner Hingabe hemmen. Er entsage sich selber (Mt 16,24), seinem Ehrgeiz, seiner Neigung zur Bequemlichkeit, seinen irdischen Auffassungen, seinen nur menschlichen Befriedigungen… Er tue sein Herz weit auf und erfülle es mit den Gesinnungen des Herzens seines göttlichen Meisters. Er verschenke, entsage und vergesse sich. Er gebe sich hin, mit Jesus, der ganz hingegeben ist. Er sei das Brot der Seelen, mit Jesus in der Eucharistie!“


Priesterliche Keuschheit

„Der Priester sollte, wenn es möglich wäre, reiner sein als ein Engel und keusch wie die Jungfrau-Mutter. Aber der Priester ist ein Mensch, und sein Leib drückt ihn wie ein schwerer Mantel in schmerzlichem Druck zur Erde. Was soll er also tun, um sich auf den Höhen zu halten, wo die Gnade ihn haben will? Er soll in den Spuren des Meisters gehen und nach seinem Beispiel sein eigenes Leben formen…
Wenn der Priester es will, so wird er in der Liebe seines Gotts, im Herzen Jesu, seines anbetungswürdigen Freundes, alles finden, wonach sein Herz und seine Seele mit Recht verslangen kann, so tief und heiß auch sein Verlangen nach Liebe sein mag!“


Priesterlicher Gehorsam

„Die Demut Jesu zeigt sich auch in seinem Bemühen, die eigene Tätigkeit hinter der seines himmlischen Vaters zu verbergen und seine Person, soweit möglich, zurücktreten zu lassen…
Vor allem aber offenbart uns Jesus seine tiefe Demut in der Abhängigkeit, im Geiste der Unterwürfigkeit, den er allenthalben bekundet. Die ersten dreißig Jahre seines Lebens konnte man zusammenfassen in die kurzen Worte. „Er war ihnen untertan“ (Lk 2,51). Während seiner letzten drei Jahre hat er sein Verhalten nicht geändert. Immer und in allem zeigte er sich abhängig und untertan… „Vater“, so spricht er im Ölgarten, „nicht mein Wille geschehe, sondern der deine!“…
Der Priester, der demutsvoll und milde durch die Welt geht, ist nicht nur Priester Jesu, er ist auch Priester an Jesu Statt… Die Demut war vielleicht das Anziehendste an der heiligen Menschheit Jesu. Sie gibt dem Wirken und dem Wort des Priesters einen ähnlichen Reiz: sie läßt ihn ganz als Abbild Jesu Christi erscheinen."


Manche Formulierung in den Texten von Claret de la Touche mag verstaubt klingen. Ihr Inhalt verweist jedoch auf zeitlos gültige Aussagen zum Priestertum – auch zur „Priesterlichen Existenz heute“.

Der Priester, eine Schöpfung der Unendlichen Liebe

„Dem Priester, einer Schöpfung der unendlichen Liebe seines Herzens, vertraute Jesus vier erhabene Aufgaben an, die der vierfachen Not der Menschheit entsprechen.

•    Der Mensch ist tief unwissend … Da ist es der Priester, der lehrt.
•    Der Mensch ist sündig … Da ist es der Priester, der losspricht.
•    Der Mensch ist unglücklich … Da ist es der Priester, der tröstet.
•    Der Mensch bedarf Gottes … Und der Priester opfert.“


Soviel für heute von Claret de la Touche zur „Priesterlichen Existenz heute“ – Fortsetzung hier: Flaumfeder #4: Wenn die Präsidenten des Synodalen Weges zum Mittun auffordern...


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